Business Breakfast
Rückblick 187. BB: Gut Einern
Nachhaltiges Leben und Wirtschaften lehren und erlebbar machen.
„Viele von uns kennen diesen Ort seit Jahrzehnten. Aber schon jetzt sieht vieles anders aus“, stellte Antje Lieser, Geschäftsführerin von wuppertalaktiv! zu Beginn des Business Breakfast auf Gut Einern fest. Die Gäste wurden an diesem sonnigen Morgen auf der Terrasse des Restaurants Winkelmann begrüßt, das erst vor wenigen Wochen wiedereröffnet wurde.
Der Gastronomiebetrieb ist nur einer von vielen Teilprojekten, die das Gesamtvorhaben auf „Gut Einern“ umfasst. Welche Vision und welche konkreten Pläne sich dahinter verbergen, erläuterte Projektentwickler und Investor Jörg Heynkes. Er und sein Team haben sich vorgenommen, den geschichtsträchtigen Ort zu neuem Leben zu erwecken und fit für die Zukunft zu machen. Themen wie Nachhaltigkeit, soziales Miteinander, Bildung, Mobilität, Kreislaufwirtschaft und Sharing sollen auf Gut Einern gebündelt und erlebbar gemacht werden.
„Hier am Stadtrand trifft Urbanität auf Ländlichkeit. Das ist eine spannende Konstellation“, findet Heynkes. Tatsächlich liegt Gut Einern an der Stadtgrenze zwischen Wuppertal und Velbert. Während sich nach Süden mit dem Dellbusch und Sternenberg dicht besiedelte Quartiere befinden, erstrecken sich nach Norden Wiesen und Felder.
Ein zentrales Teilprojekt ist daher die nachhaltige Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche. Im Jahr 1050 wurde das Gelände in Nächstebreck nachweislich das erste Mal erwähnt. Auf dem ehemaligen Lehnshof lebten früher viele Menschen, die sich zu weiten Teilen durch landwirtschaftlichen Erzeugnisse selbst versorgen konnten. Eine ähnliche Vision verfolgen Heynkes und der Förderverein Gut Einern e.V. unter dem Motto „Zurück zu Neuem“. Zurück zu einer autarken Versorgung, einem nachhaltigen Lebensstil und Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln. Und neu, im Sinne von Unterstützung durch moderne Technologien.
Auch wenn die Planungsphase gerade erst abgeschlossen ist und der Umbau noch bevorsteht, gibt es schon jetzt erste Aktivitäten auf Gut Einern. Ein brachliegendes Feld wurde reaktiviert und dient als Outdoor-Klassenzimmer, berichtet Dominik Stingl, Vorsitzender des Fördervereins Gut Einern e.V.. Beim gemeinsamen Gärtnern lernen Kinder und Jugendlichen, wie Gemüse angebaut wird und welche Einflüsse äußere Bedingungen auf die Ernte haben. Wie Wachstum und Ertrag dagegen in einer „perfekten Welt“ für Pflanzen aussehen, kann im Vertical Farming Projekt nachvollzogen werden. In einem ausrangierten Schiffscontainer gedeihen Salat und Gemüsepflanzen unter besten Bedingungen. Die Gäste des Business Breakfast durften einen Blick ins Innere werfen und sahen damit möglicherweise die Versorgungweise der Zukunft: möglichst flächen- und wassersparend. „Auf 25 Quadratmetern wächst etwa so viel wie auf einem Hektar Acker“, weiß Heynkes. Die erzeugten Produkte sollen künftig in einem eigenen Hofladen verkauft werden. Der derzeitige Parkplatz wird zur Marktfläche umgestaltet.
Über dem Hofladen soll eine Dienstleistungsetage mit Angeboten rund um Gesundheit und Pflege eingerichtet werden. Diese stellen die Versorgung der zukünftigen Bewohner von Gut Einern sicher. Denn durch zwei Mehrgenerationshäusern wird neuer Wohnraum geschaffen. Diese sollen barrierefrei und in einer nachhaltigen Holzbauweise gestaltet werden. Bis zu 80 Menschen können hier in den nächsten Jahren ein neues Zuhause finden. Das durchgängig nachhaltige Konzept auf Gut Einern wird durch eine E-Mobilitätsstation mit Sharing-Angeboten und einem Arealnetz zur Energieversorgung abgerundet. So entsteht ein nahezu autarker Ort mit eigener Wertschöpfung, an dem unter einem Dach gelebt, gearbeitet und gelernt wird – quasi wie früher, nur eben auf eine moderne Art und Weise.
Das Wissen rund um nachhaltiges Leben, das durch die Praxis vor Ort entsteht, soll weitergeben werden. Für diesen Zweck ist als Herzstück eine Akademie geplant, der „TRAFO“. Dort können Workshops und Seminare zu nachhaltigen Themen abgehalten werden. Die Zielgruppe reicht vom Unternehmen bis zur Schulklasse. (Weiter-)Bildung wird auf Gut Einern als zentrale Aufgabe definiert.
Die Bauphase startet im nächsten Jahr. Bis Ende 2026 soll das „Reallabor“ mit all seinen vielfältigen Teilbereichen fertig sein. Um den Hof, die Akademie und die weiteren geplanten Einrichtungen zu betreiben, werden bis zu 100 Arbeitsplätze geschaffen.
Das Wuppertaler Pilotprojekt hat das Potenzial, um Vorreiter für andere Städte zu werden, ist Jörg Heynkes sicher. Erste Ergebnisse sind bereits jetzt sichtbar.
Nach der Sommerpause liefert das nächste Business Breakfast neue, spannende Einblicke in Wuppertaler Unternehmen und Projekte. Am 10. August lädt KARL DEUTSCH Prüf- und Messgerätebau zu sich ein. Das Traditionsunternehmen verrät, wie es seine Personalabteilung neu aufgestellt hat, um den wachsenden Herausforderungen bei der Fachkräftegewinnung besser begegnen zu können.